Buddhistische Gebote als Ausdruck der Liebe

Eins Sein

Buddhistische Gebote als Ausdruck der Liebe
Theseus Verlag/ Random House

von Conny Dollbaum-Paulsen

Du bist keine Buddhistin? Macht nichts! Du hältst nichts von Geboten wie „Du sollst nicht...“: Wunderbar! Du bist interessiert daran, würdevoll und freundlich zu leben, in Verbundenheit mit Dir und allen Wesen um Dich herum? Willkommen zur spannenden Lektüre von Eins Sein!

Selbsterkenntnis: Ein Weg zu Würde und Mitgefühl

Das Buch von Nancy Mujo Baker, einer Zen-Priesterin aus den USA, scheint auf den ersten Blick nur für eine kleine Zielgruppe geeignet zu sein: da es sich um eine tiefe Auseinandersetzung mit buddhistischen Geboten handelt, liegt nahe, dass es für praktizierende Buddhist:innen geschrieben wurde. Und in dieser vergleichsweise kleinen Gruppe richtet es sich dann noch an diejenigen, die willens sind, sich mit Geboten zu beschäftigen, also mit bei christlich sozialisierten Menschen eher ungeliebten Dogmen von „Du sollst, du musst, du darfst nicht...“.

Tatsächlich handelt es sich allerdings um ein Buch, das für jeden Menschen geeignet sein kann, der oder die immer mal wieder damit beschäftigt ist sich zu fragen, wie er oder sie sich vor allem in schwierigen Situationen so benimmt. Und ob das den eigenen Ansprüchen von würdigem und angemessen Verhalten entspricht. Also ist es ein Buch für alle, die Interesse daran haben, ein gutes, freundliches, mitfühlendes Leben zu leben. Und die bereit sind, die buddhistischen Gebote als nicht konfessionelle Inspiration zu nehmen, Selbsterkenntnis zu üben, um freundlicher, mitfühlender und zufriedener zu leben.

Freundliche Selbsterkenntnis üben

Worum geht es also? Die Gebote, um die es zumindest im ersten Teil geht, ähneln den uns bekannten christlichen Geboten sehr – und sind doch fundamental verschieden davon. Nancy Mujo Baker wird nicht müde, die Freiheit und Weite dieser Inspirationen zu beschreiben, die nicht zu verwechseln ist mit der Enge eines dogmatischen Verbotes. Aus „Du sollst nicht töten“ wird „Kein Töten“. Nun ist die Autorin nicht nur Zen-Meisterin, sondern auch Philosophin und Sprachwissenschaftlerin, so dass sprachliche Kleinigkeiten wie diese zu fundamentalen Ausrufezeichen in der Aussage werden können. Ist es nicht ein großer Unterschied, ob ich einem Gesetzes-Dogma folge, das Töten verbietet oder ob ich Töten vor dem Hintergrund des Getrennt-Seins betrachte. Was also will ich vernichten, wenn alles Teil von mir ist? Was bedeutet es, von sich selbst getrennt zu sein? Und was folgt aus dieser Erkenntnis?

Was bedeuten Formulierungen wie „Wir haben die Zeit totgeschlagen“, mit denen ich ganz offenbar versuche, dem Moment zu entwischen, indem ich irgendetwas tue, um meine Langeweile zu töten...

Jedes Gebot wird auf den Kopf gestellt, wird bis in den Kern der Aussage betrachtet und erfahren. Was sich hier theoretisch liest, ist in der Lektüre zwar anspruchsvoll, aber insgesamt sehr lebendig, verständlich geschrieben und durch viele Beispiele illustriert. Am Schluss jeder Betrachtung stellt die Autorin eine Übung vor, die im besten Fall als Partner:innen- oder Gruppenübung ausprobiert werden kann, es ist aber auch möglich, sich diese Fragen allein zu stellen und damit eine Zeit lang zu gehen. Diese Fragen berühren im Kern – zum 1. Gebot: Kein Töten lauten sie:

„Nenn mir eine Art, wie du tötest...Was lernst du über dich selbst, wenn du mit diesem Gebot arbeitest“?

Einladung für Buddhist:innen und solche, die es nicht sind

Der erste und umfangreichste Teil über den Umgang mit den Geboten ist eine großzügige und kluge Einladung zur Selbsterforschung. Die Ausführungen in Verbindung mit den Fragen haben das Zeug, die Leser:in in der Tiefe zu erreichen. So entsteht mitfühlendes Erwachen, Verbundenheit, Weite.

Außerdem ist Eins Sein natürlich eine Bereicherung für alle buddhistisch interessierten Menschen, keine Frage. Zumal es im zweiten Teil um eine Auseinandersetzung mit Dogen, dem wichtigsten Zen-Meister des Soto-Zen aus dem 13. Jahrhundert geht und dessen Sicht auf die Gebote. Das ist sehr anspruchsvoll und sicher weder etwas für Nicht-Buddhist:innen noch interessant für Menschen, die gerade ihre ersten buddhistischen Schritte machen.

Die Rezensentin wünscht dem Buch den Status eines Standardwerkes in jeder Zen-Sangha und darüber hinaus viele nicht-buddhistische Leser:innen, die dem Geschmack des würdigen Mensch-Seins auf die Spur kommen mögen, indem sie sich bereitwillig auf diese Gebote einlassen.

Nancy Mujo Baker
Eins Sein
Buddhistische Gebote als Ausdruck der Liebe

Originalverlag: Theseus Verlag in Kamphausen Media GmbH
Hardcover, Pappband, 258 Seiten, 13,0 x 21,0 cm
ISBN: 978-3-442-34599-1
Erschienen am 12. Januar 2024
€ 24,00

Zu bestellen in der Buchhandlung um die Ecke oder bei buch 7, dem Online-Buchhandel mit der sozialen Seite.

Die Autorin: Nancy Mujo Baker

Nancy Mujo Baker ist Zen-Lehrerin der White Plum Sangha, leitet online das No Traces Zendo und bietet Zen-Retreats an. Als eine Dharma-Nachfolgerin von Bernie Glassman Roshi ist sie anerkannte Lehrerin in der Soto-Zen-Tradition. Außerdem ist sie (inzwischen emeritierte) Professorin der Philosophie am Sarah Lawrence College, wo sie mehr als vierzig Jahre lehrte. Die Autorin lebt in New York City.

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